ein Angriff auf Millionen Beschäftigte Arbeitgebervorschlag zur Rente ist zynisch und faktenfern

Mit scharfer Kritik reagiert die IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt auf den jüngsten Vorstoß des Arbeitgeberverbands NiedersachsenMetall, der eine Rente mit 70 für „überfällig“ erklärt hatte.

Rentenretter

10. November 2025 10. November 2025


Die Gewerkschaft spricht von einem schamlosen Angriff auf die arbeitende Bevölkerung und einem zynischen Realitätsverlust. „Wer die Rente mit 70 fordert, sollte vorher einmal selbst ein paar Wochen im Dreischichtsystem schuften oder mit unseren Kumpels am Hochofen ackern – dann reden wir weiter!“, erklärt Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. „Solche Forderungen zeigen, wie entrückt manche Arbeitgeber längst sind. Für Millionen Beschäftigte bedeutet Arbeit Lebensunterhalt, Würde und Identität – für einige in den Chefetagen offenbar nur noch eine Zahl in der Excel-Tabelle.“

Die Rentendebatte braucht endlich Realitätssinn statt weltfremder Arbeitgeber-Fantasien. Fakt ist: Das tatsächliche Renteneintrittsalter liegt in Deutschland derzeit bei 64,7 Jahren. Schon heute muss laut Deutscher Rentenversicherung etwa ein Viertel aller Beschäftigten vorzeitig in Rente gehen – meist, weil Körper oder Gesundheit nicht mehr mitspielen. In vielen körperlich fordernden Berufen liegt das durchschnittliche Eintrittsalter sogar unter 63 Jahren. „Wer da ernsthaft die Rente mit 70 fordert, plant eine Rentenkürzung durch die Hintertür“, warnt Gröger. „Denn viele werden dieses Alter schlicht nie erreichen – sie würden vorher rausfallen, mit Abschlägen, also mit weniger Geld im Portemonnaie. Solche Vorschläge formulieren Arbeitgeber am Schreibtisch – in der Lebensrealität sind sie aber blanker Zynismus. Wer so argumentiert, hat den Kontakt zu den Menschen verloren. Der jüngste Vorstoß ist nichts anderes als Arbeitgeber-Gaga!“

Die IG Metall erinnert daran, dass die Lebenserwartung mit der sozialen Herkunft stark variiert: Eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit träfe also genau die, die ohnehin am härtesten arbeiten und am kürzesten leben. „Rente mit 70 bedeutet: Wer auf der Baustelle, in der Produktion oder in der Pflege arbeitet, zahlt ein Leben lang ein – und stirbt im Zweifel, bevor er etwas davon hat“, führt der Metaller aus. „Das ist kein Reformvorschlag, das ist Klassenpolitik mit kaltem Herzen.“

Einzelnen Verbandsfunktionären und Unternehmensspitzen wirft die IG Metall Realitätsverweigerung vor. Während an den Vorstandstischen über „Mentalitätswandel“ sinniert wird, kämpfen die Menschen in den Werkhallen tagtäglich mit Schichtarbeit, Arbeitsverdichtung und Personalmangel. „Die Wahrheit ist: In vielen Branchen sind Kolleginnen und Kollegen mit Mitte fünfzig körperlich am Ende – und genau diese sollen jetzt noch Jahre länger schuften, während Manager gleichen Alters mit Abfindungen in die Frühpension verabschiedet werden. Das ist nichts anderes als blanker Hohn“, kritisiert Gröger. Die Lebensrealität der Beschäftigten spiele in solchen Forderungen keine Rolle mehr: „Unsere Leute denken nicht in Quartalszahlen, Vertragslaufzeiten oder Aktienrenditen. Sie denken in Schuljahren ihrer Kinder, in Kreditraten für ihr Zuhause und in den Jahren bis zur wohlverdienten Rente. Wer darüber hinweggeht, verliert nicht nur den Respekt vor der Arbeit – sondern auch vor den Menschen, die dieses Land am Laufen halten.“

Die IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt fordert von Politik und Wirtschaft ein klares Umsteuern in der Rentenpolitik – mit Mut zur Realität und Respekt vor Lebensleistung. Die gesetzliche Rente müsse gestärkt, nicht geschwächt werden. Sie ist und bleibt der Hauptpfeiler der Altersvorsorge in Deutschland. Dafür brauche es endlich eine echte Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen – auch Selbstständige, Beamte und Politiker*innen. Nur so könne ein solidarisches System entstehen, das den Namen verdient. Ein stabiles Rentenniveau ist nach Auffassung der Gewerkschaft die beste Versicherung gegen Altersarmut. Deshalb fordert die IG Metall ein gesetzliches Mindestniveau, das ein würdiges Leben nach dem Arbeitsleben sichert. Denn wer jahrzehntelang gearbeitet, eingezahlt und dieses Land getragen hat, darf im Alter nicht in Existenzangst leben. Gleichzeitig müsse Tarifbindung wieder zur Selbstverständlichkeit werden. Höhere Löhne bedeuteten nicht nur mehr Sicherheit heute, sondern auch höhere Renten morgen.