Sichere Arbeitsplätze sind der soziale Airbag unseres Landes Wo Arbeit schwindet, wankt die Demokratie

Die IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt warnt eindringlich vor den gesellschaftlichen Folgen des fortschreitenden industriellen Rückbaus.

Arbeitsschutzmaßnahme Karabiner

11. November 2025 11. November 2025


„Wenn Betriebe dichtmachen, verlieren nicht nur Menschen ihren Arbeitsplatz – ganze Regionen verlieren ihr Fundament. Jeder Arbeitsplatz, der verschwindet, reißt ein Stück Vertrauen aus der Gesellschaft!“, sagt IG Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger auf einer Aktivenkonferenz der IG Metall in Hannover.

Deutschland lebt von seiner Industrie – vom Maschinenbau, von Automobilen, Chemie, Stahl und Energieanlagen. Diese Branchen stehen seit Generationen für Fortschritt, Sicherheit und sozialen Aufstieg. Doch dieses Fundament bröckelt: Über 200.000 Industriearbeitsplätze gingen allein im vergangenen Jahr verloren. Hinter diesen Zahlen stehen Menschen – Fachkräfte, Schichtarbeiterinnen, Familien –, deren Lebenspläne ins Wanken geraten. Ganze Regionen, einst durch industrielle Stärke geprägt, verlieren ihre Perspektive.

Vielfach geschieht dieser Abbau zwar sozialverträglich, doch die Folgen für kommende Generationen und kommunale Kassen sind fatal. „Industrie war nie nur Ökonomie“, so Gröger. „Sie war Identität, Stolz und Zusammenhalt. In vielen Orten war das Werk der Herzschlag der Gemeinschaft – dort, wo Vereine entstanden, Nachbarschaften wuchsen und Kinder ihre Zukunft sahen. Wenn dieses Herz aufhört zu schlagen, wird es still – erst in den Werkshallen, dann in der Gesellschaft.“

Wo Industrie verschwindet, wächst Misstrauen – und Misstrauen gefährdet Demokratie. Studien zeigen, dass Regionen mit starkem Arbeitsplatzabbau häufiger von Politikverdrossenheit und populistischen Strömungen betroffen sind. „Wo Werkstore schließen, schließen sich oft auch die Türen zur Demokratie“, warnt der Bezirksleiter der IG Metall. „Wenn Menschen erleben, dass ihre Arbeit und Lebensleistung nichts mehr zählen, verlieren sie den Glauben an Fairness und Zukunft. Das ist brandgefährlich – ökonomisch wie gesellschaftlich.“

Industriearbeit war immer mehr als Broterwerb – sie war gelebte Demokratie. In Werkhallen zählte, was jemand leistet, nicht, woher er kommt. Sie verband Menschen über Herkunft, Religion und Bildung hinweg und machte Solidarität alltäglich erfahrbar. Arbeit war das Band, das Gesellschaft zusammenhielt – Tag für Tag, Schicht für Schicht. Ihr Verlust wäre daher mehr als ein ökonomisches Problem: Er träfe das Herz der Demokratie.

Die IG Metall spricht Klartext: Es gibt kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsproblem. Erste Einsicht der politischen Akteure sei zwar erkennbar – etwa mit der angekündigten Einführung eines Industriestrompreises –, doch das reiche nicht. „Seit drei Jahren fordern wir bezahlbare Energie und eine Industriepolitik, die Standorte und Beschäftigung sichert“, betont der Metaller. „Jetzt müssen konkrete Entscheidungen folgen – nicht weitere Arbeitskreise.“

Die Gewerkschaft fordert ein Zukunftsprogramm für Beschäftigung und soziale Sicherheit:

  • Ein Industriestrompreis von 5 Cent pro Kilowattstunde, wie in Aussicht gestellt zum 1. Januar 2026. Gebunden an Standort- und Beschäftigungsgarantien – sowie bezahlbare Energie für private Haushalte.
  • Investitionen in Schlüsselbranchen wie Stahl, Maschinenbau, Wasserstoff, Halbleiter und Batteriezellfertigung.
  • Mehr Tarifbindung, damit gute Löhne und sichere Arbeit wieder Normalität werden.
  • Öffentliches Geld nur für Unternehmen, die Beschäftigung und Standorte sichern.
  • Stärkung statt Abbau des Sozialstaats – Nein zu Rente mit 70, Nein zur Aushöhlung des Acht-Stunden-Tages, Nein zu Karenztagen.

Für die IG Metall ist klar: Industriepolitik ist Demokratiepolitik. Wer Arbeitsplätze sichert, stärkt Vertrauen und Zusammenhalt. Wer sie aufs Spiel setzt, gefährdet nicht nur den Wohlstand, sondern das Fundament unserer Gesellschaft. Sichere Arbeit ist der soziale Airbag dieses Landes. Sie verleiht Würde, gibt Halt und verbindet Generationen. Wo Industriearbeit verschwindet, verliert das Land nicht nur wirtschaftliche Stärke, sondern auch sozialen Zusammenhalt. Sichere Arbeitsplätze sind deshalb die Voraussetzung für Vertrauen, Stabilität und Zukunft.