Angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten, angespannter Wohnungsmärkte und eines BAföG, das seit Jahren weder in der Höhe noch in der Reichweite den realen Bedürfnissen entspricht, mahnt die Gewerkschaft entschlossenes politisches Handeln an.
„Bildungsgerechtigkeit darf kein fernes Versprechen in Koalitionsverträgen bleiben, das irgendwann eingelöst wird. Sie muss hier und heute Realität sein“, erklärt Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. „Studierende stehen unter einem enormen Druck: Die Mieten explodieren, die Kosten für Lebensmittel und Energie steigen, und das BAföG ist viel zu niedrig und erreicht viel zu wenige. Wer junge Menschen auf das Jahr 2027 vertröstet, beraubt sie ihrer Chancen und Perspektiven. Unterstützung muss jetzt kommen – nicht irgendwann in ferner Zukunft.“
Die IG Metall fordert deshalb, die geplanten Reformen nicht auf die lange Bank zu schieben, sondern bereits zum Wintersemester 2025/26 spürbare Entlastungen einzuleiten. Dazu gehören:
- Eine sofortige Anhebung des BAföG-Grundbedarfs und der Wohnkostenpauschale, damit Studierende ihre Grundbedürfnisse decken können.
- Eine dynamische, automatische Anpassung der Fördersätze an die tatsächliche Preisentwicklung, damit Inflation nicht länger Bildungswege bestimmt.
- Eine umfassende Vereinfachung der Verfahren nach dem „once-only“-Prinzip: Daten, die staatliche Stellen längst vorliegen haben, dürfen nicht weiter von Studierenden abgefragt werden.
- Eine echte Digitalisierung des BAföG, die über Online-Anträge hinausgeht – digitale Akten, digitale Bescheide, schnelle Kommunikation und transparente Prozesse müssen endlich Standard werden.
- Eine neue Informationsoffensive, um das strukturelle Defizit zu überwinden, das seit Jahren dazu führt, dass viele Anspruchsberechtigte gar keinen Antrag stellen.
Besonders drängend ist die Lage auf den Wohnungsmärkten. Zwar gibt es politische Initiativen, doch bislang fehlt es an Umsetzungsgeschwindigkeit. „Die Realität ist, dass Studierende nicht selten monatelang auf ein WG-Zimmer warten müssen oder Preise von 500 Euro und mehr für kleine Zimmer zahlen. Eine eigene Wohnung ist längst ein Luxusgut geworden“, so Gröger. „Wohnen darf aber kein Privileg sein. Programme allein reichen nicht, es müssen konkrete Neubauten und Sanierungen erfolgen – und zwar sofort. Die Bagger müssen rollen, nicht erst in drei Jahren.“
Die IG Metall weist zudem auf die Bedeutung einer funktionierenden sozialen Infrastruktur hin. Mensen, Beratungsangebote, psychologische Unterstützungsstellen, moderne Bibliotheken und Hochschulräume sowie ein dauerhaft bezahlbares Deutschlandticket sind nicht Beiwerk, sondern zentrale Voraussetzungen für ein gutes Studium. Ohne diese Säulen droht Bildungsgerechtigkeit zur Leerformel zu verkommen.
„Studierende dürfen nicht die Erfahrung machen, dass politische Versprechen immer wieder verschoben werden, während sie selbst jeden Tag mit existenziellen Sorgen kämpfen“, mahnt Gröger. „Es reicht nicht, Konzepte zu Papier zu bringen – es braucht politische Priorität, verlässliche Finanzierungen und echte Zusammenarbeit aller Akteure. Nur so können junge Menschen die Unterstützung bekommen, die sie dringend brauchen.“
Die IG Metall betont, dass es bei dieser Debatte um weit mehr geht als um individuelle Entlastungen. „Bildung ist kein Selbstzweck – sie ist das Fundament einer Gesellschaft, die auf Fortschritt, Innovation und sozialen Zusammenhalt angewiesen ist“, so Gröger. „Ob an Universitäten, in Werkstätten oder in den Betrieben – die junge Generation verkörpert das geistige, kreative und praktische Potenzial unseres Landes. Sie vereint Wissen und Handwerk, Theorie und Praxis, Tradition und Innovation – und ist damit der wahre Reichtum unserer Gesellschaft. Sie sind es, die neue Ideen hervorbringen, wissenschaftliche Horizonte erweitern, kulturelle Entwicklungen prägen und gesellschaftlichen Wandel gestalten. Wer ihnen heute keine sichere Basis gibt, verspielt morgen nicht nur individuelle Bildungsbiographien, sondern gefährdet Innovationskraft, Wettbewerbsfähigkeit und Vertrauen in die Verlässlichkeit unserer Demokratie. Versäumte Investitionen in junge Menschen bedeuten nicht nur weniger Chancen für den Einzelnen, sondern schwächen ganze Regionen. Deshalb ist es eine Frage der volkswirtschaftlichen Vernunft ebenso wie der sozialen Verantwortung, jetzt zu handeln.“